Museumsforum NRW 2025

28. August 2025
im LVR-Landesmuseum Bonn

Aufregung, Freude, Staunen – vielleicht auch Traurigkeit oder Melancholie. Diese und andere Emotionen begegnen uns in Museen. Jedes Objekt und jede Ausstellung erzählt eine eigene Geschichte und berührt uns auf ganz unterschiedliche Weise. Genau diese Vielfalt der Gerfühl haben wir beim Museumsforum NRW 2025 am 28. und 29. August im LVR-Landesmuseum Bonn ergründet.

28. August 2025

Nach entspanntem Ankommen und einem ersten Conference Coffee haben Dr. Corinna Franz, LVR-Dezernentin Kultur und Landschaftliche Kulturpflege, Prof. Dr. Thorsten Valk, Direktor des LVR-Landesmuseum Bonn sowie Gundula Dicke, Vorstandsvorsitzende des Museumsverbands Nordrhein-Westfalen mit einer herzlichen Begrüßung in die Tagung eingeleitet.

Anke Schwarzwälder, Blackforesters Unternehmensberatung in Zürich führt in ihrem Keynote-Vortrag aus, wie wir Emotionen von Besuchenden verstehen können, wie wichtig der Umgang mit den Besuchenden und der Nachklang, den diese am Ende ihres Besuchs mitnehmen, ist.

Welche Messages senden wir? Wie lassen wir die Besuchenden in der Ausstellung fühlen? Den größten Impact hat der Wohlfühlfaktor im Museum. Danach erst kommt das Storytelling – Technologie ist nur ein Add-on.

Carl Brandi ist in seiner Rolle als Grumpy Guide alias Joseph Langelinck beim Museumsforum NRW auf die Bühne getreten und schimpfte erst einmal. Seine Aufgabe als Ausstellungsführer und sein Schauspiel sind eine neue und etwas andere Art der Führung im Kunstpalast Düsseldorf.

Nach dem Vorbild des rheinischen Köbes erfand der Kunstpalast den Grumpy Guide, einen schlecht gelaunten Museumsguide und machte eine erstaunliche Erfahrung: Noch vor der ersten Führung waren alle Termine ausgebucht.

Durch seinen Auftritt haben die Teilnehmenden einen Einblick in die Arbeit des Kunstkritikers und in seine Rolle bekommen. Mit seiner griesgrämigen Art macht er klar, dass Emotionen es uns erleichtern, mit Kunst in Verbindung zu treten.

Er nimmt kein Blatt vor den Mund, während er die Kunstwerke zeigt, und verheimlicht auch nicht, dass die Lobpreisung der Kunst das ein oder andere Mal auch übertrieben scheint. Dabei werden natürlich aber auch spannende Details zu den Werken ersichtlich.

Ein Immersiver Raum im Museum eröffnet vielfältige Möglichkeiten für neue Formen des Erzählens und der Einbindung des Publikums. Das künstlerische Forschungsprojekt Page 21 entwickelt und erprobt seit mehreren Jahren audiovisuelle Erzählwelten und hat nun einen mobilen Pop-Up Immersiven Raum konzipiert, der an andere Institutionen verliehen werden kann. Dieser modulare Raum ermöglicht es, digitale Narrative flexibel in unterschiedliche Kontexte zu bringen und in bestehende Ausstellungen zu integrieren.

Im Rahmen des Museumsforums NRW konnten die Teilnehmenden erstmals diesen Pop-Up Immersiven Raum besichtigen.

Das erste Panel widmete sich dem Zusammenspiel von Storytelling, Immersion und Partizipation – und hat spannende Perspektiven aus Theorie und Praxis zusammengebracht:

Isabella Hodgson, Digital-Kuratorin des Deutschen Schifffahrtsmuseum, Bremerhaven sprach über gemeinsames Erzählen im Museum. In einer wöchentlichen Fokusgruppe wird Storytelling näher erforscht und neue Methoden entwickelt: von Rollenspielen über Objekt- und Charakterkarten bis zum Formulieren von Motiven. Geschichten, so Hodgson, helfen beim Verstehen, Erinnern und Orientieren – und sie eröffnen neue Wege, Interessen und Sichtweisen von Besuchenden zu erkennen.

Anna Rumeld, Projektkoordination von page21 im Dortmunder U stellte das Labor für Immersive Räume vor. Hier wird der Raum selbst zum Medium: Analoge Kunstwerke werden durch digitale Erweiterungen in neue Erfahrungswelten überführt. Am Beispiel von August Mackes „Großer Zoologischer Garten“ wurde gezeigt, wie ein Gemälde über seine Rahmengrenzen hinaus erweitert, mit Klang und Bewegung versehen und für die Besuchenden begehbar gemacht werden kann. So entsteht eine hybride neue Kunstform, die zwischen Interpretation, Computerspiel und partizipativer Erkundung liegt.

Carina Bammesberger, Ausstellungskuratorin am Deutschen Fußballmuseum, Dortmund präsentierte die Ausstellung „In Motion – Art and Football“ im Deutschen Fußballmuseum. Mithilfe von Sound, Projektionen und großflächigen Bildern entstehen halb-immersive Räume, die Fußballkunstwerke in historische Kontexte stellen. Digitale und analoge Elemente greifen ineinander und lassen Kunst- und Sportgeschichte in Beziehung treten. Die unterschiedlichen Zugänge ermöglichen auch einen größeren Mehrwert für alle Besuchergruppen.

Beim Walk and Talk: Schaufenster NRW haben sich Museen vorgestellt und haben einen Blick hinter die Kulissen ihrer Museumsarbeit geboten. Folgende Häuser haben gezeigt, wie, wo und welche Emotionen in Projekten und Ausstellungen vermittelt und hervorgerufen wurden:

  • Deutsches Klingenmuseum Solingen: Dr. Sixt Wetzler und Dr. Isabell Immel, Museumsleitung
  • LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster: Dr. Petra Marx, Kuratorin für die Kunst des Mittelalters
  • Haus der Seidenkultur, Krefeld: Dr. Ilka Wonschik, Leitung
  • Schokoladenmuseum Köln: Sophia Sökeland, Bildung und Vermittlung
  • Jüdisches Museum für Westfalen, Dorsten: Mareike Fiedler, Vermittlung
  • DASA – Arbeitswelt Ausstellung, Dortmund: Katrin Petersen, Kuratorin und Marleen Schulze Middendorf, stellv. Leitung Didaktik und Vermittlung
  • LVR-Landesmuseum Bonn: Dr. Alexandra Käss, Leiterin der Abteilung Dauer- und Wechselausstellungen
  • Villa ten Hompel, Münster: Stefan Querl, Leitung und Dr. Bernd Drücke, freier Mitarbeiter

Der Abend des ersten Tages beim Museumsforum NRW 2025 endet mit einem Apéro mit kleinen Häppchen und guten Gesprächen.

29. August 2025

Auch beim zweiten Tag des Museumsforums NRW hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich entspannt mit Kaffee mit anderen Teilnehmenden auszutauschen. Anschließend konnten sie sich in Workshops rund um das Tagungsthema „Emotionen im Museum“ kreativ ausprobieren, neues Wissen mitnehmen und Inspiration für die eigene Arbeit erhalten:

  • Mitfühlen, Verstehen, Gestalten – Visitor Journey Mapping im Museum von Julia Meyners, VXD Studio, Hamburg 
  • Techniken ko-kreativen Geschichtenerzählens in der Inklusion von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung von Dr. Isabella Hodgson, Digital-Kuratorin des Deutschen Schifffahrtsmuseum und Rosemarie Brikmanis-Brückner, Kulturelle Teilhabe am Deutschen Schifffahrtsmuseum, Bremerhaven
  • Assoziativ Geschichten erzählen – Kreative Vermittlungsansätze mit dem Smartphone von Aldina Okerić, Kunstvermittlung & Digitale Kultur im Dortmunder U
  • Wissen filmisch festhalten. Historische Arbeitstechniken dokumentieren und die emotionale Vermittlung für die Zukunft sichern von Dr. Lisa Maubach, Abteilungsleiterin LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Bonn, Konrad Gutkowski, wissenschaftlicher Referent für Digitalität, Wissenstransfer und Forschungsprojekte der LWL-Museen für Industriekultur und Andreas Betten, mondfahrer Filmproduktion, Neuss
  • Erinnern, Fühlen, Durchleben: Emotionen und Trauma im Rahmen musealer Community Work von Dr. Sara-Marie Demiriz, wissenschaftliche Referentin Outreach, LVR-Industriemuseum, Zinkfabrik Altenberg
  • Objekte und ihre Geschichte(n) – Provenienzforschung vermitteln von Anna Baumberger, Provenienzforschung im Von der Heydt-Museum Wuppertal

 

Als Workshop-Alternative standen drei verschiedene Führungen vom LVR-Landesmuseum Bonn zur Auswahl:

  • Führung durch die Dauerausstellung „WELT IM WANDEL – vom Neandertaler bis zum Museum der Zukunft“ von Dr. Ralf Schmitz, wissenschaftlicher Referent für Vorgeschichte und Dr. Alexandra Käss, Leiterin der Abteilung Dauer- und Wechselausstellungen
  • Führung durch die Sonderausstellung „Jupp Darchinger. Das Auge der Republik“ von Dr. Adelheid Komenda, Kuratorin und wissenschaftlicher Referentin für Fotografie
  • Führung durch die Schaurestaurierung (im Museum) und die Restaurierungswerkstatt von Knut Joachimsen, Restaurator für Wandmalerei und Anna Bungenberg, Restauratorin für Gemälde, Holzskulptur und Moderne

     

Während des abschließenden Panels „Politik der Emotionen“ wurden einerseits der Umgang mit Emotionen in Gedenkstätten und die Anwendung des Beutelsbacher Konsens in der Praxis betrachtet, andererseits haben wir auf den Umgang mit Gefühlen beim Sammeln geschaut: Wie gehen wir mit Emotionen um, die bei der Erforschung der Sammlung zutage treten, z.B. bei kolonialen Objekten oder Objekten aus dem NS-Kontext?

  • „Emotionen zwischen Gedenken und NS-Geschichtsverklärung – bunte Sitzsäcke als Zeichen gegen Rechts“ von Kirsten John-Stucke, Leitung, Kreismuseum Wewelsburg
  • „Digitale Gefühle – Analoge Aura: Politik der Emotionen in Sammlungen“ von Vera Tönsfeldt, Leitung Sammlung & Archiv im Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland (DOMiD)